Das Peter-Prinzip – Beförderung bis zur Überforderung

Beförderungen schaffen Erfolgserlebnisse und binden Angestellte ans Unternehmen. Sollte man meinen. Oftmals sind ehemalige Fachkräfte als Führungskräfte aber überfordert.

Was Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen gemeinsam dagegen tun können, erfahren Sie hier.

Vielleicht kennen Sie das Phänomen: Ein Arbeitskollege wird in eine Führungsposition befördert. Sie und viele andere freuen sich mit ihm, schliesslich ist er wirklich einer der Besten, wenn nicht sogar der Beste. Seine Kund:innen lieben ihn, seine Kolleg:innen vertrauen auf sein schier unendliches Fachwissen und die Geschäftsleitung beobachtet sein überdurchschnittliches Engagement schon seit längerem mit Wohlwollen. Der Kollege ist ehrgeizig und willig, den nächsten Karriereschritt zu wagen.

Beförderung vs. Rekrutierung: Was ist gewinnbringender?

So weit alles perfekt! Aus Sicht des Unternehmens spricht vieles für diese Lösung. Zu Zeiten, in denen die Suche nach geeignetem Personal für viele eine riesige Herausforderung darstellt und unter Umständen teure Rekrutierungskosten verursacht, sind Beförderungen sicherlich kostengünstige Alternativen zu Neueinstellungen unternehmensfremder Personen mit Führungserfahrung. Zudem trägt das Unternehmen etwas zu seinem Employer-Branding bei. Es zeigt, dass Entwicklung intern möglich ist, und dass das Unternehmen Aufstiegschancen und Perspektiven bietet. Ausserdem kauft es die neue Führungskraft nicht ein wie die Katze im Sack.

Es spricht also nichts dagegen, den Kollegen zu befördern. Der Mitarbeiter freut sich auf seine neue Aufgabe und geht diese voller Elan an. Doch schon bald kommen bei allen Beteiligten erste Zweifel auf. Es stellt sich eine gewisse Unzufriedenheit im Team ein. Konflikte häufen sich. Vielleicht kommt es auch zu ersten Kündigungen. Die Kund:innen fühlen sich nicht mehr gut betreut und beschweren sich häufiger. Er selbst scheint zunehmend überfordert, hat ständig schlechte Laune und fühlt sich von allen im Stich gelassen.

Fachexpert:innen sind nicht immer Führungsexpert:innen

Am Ende sind alle enttäuscht und die Übung hat nicht nur Nerven gekostet, sondern auch einiges an Geld und Zeit. Die Geschäftsleitung versteht die Welt nicht mehr. Schliesslich war der Mitarbeiter schon lange bekannt, war bei seinen Kolleg:innen beliebt und hat sich in seinem Job schon mehr als bewiesen.

Und genau hier liegt oft der Hund begraben. Er hat sich in seinem bisherigen Job bewiesen – als Fachexperte! Der neue Job als Führungskraft aber beinhaltet zusätzliche Anforderungen und erfordert entsprechend andere Kompetenzen – auch wenn der Kollege ‹nur› ein kleines Team führt und seinen ‹alten› Job weiterhin ausübt, nur eben in geringerem Mass. Eine Führungskraft ist, wie der Name schon sagt, täglich mit Führungsaufgaben konfrontiert. Diese verlangen nach Qualitäten wie Kommunikationsstärke, der Fähigkeit, andere zu begeistern und zu motivieren, gesundem Selbstmanagement und Reflexionsvermögen, Sicherheit im Umgang mit Konflikten und nicht zuletzt nach Durchsetzungsvermögen und der Fähigkeit zu delegieren, ohne den Überblick zu verlieren. Für letzteres ist sein Fachwissen sicherlich von Vorteil.

Das Peter-Prinzip des Erziehungs- und Sozialberaters Dr. Laurence J. Peter

Natürlich kann ein Unternehmen auch Glück haben und der beförderte Mitarbeiter ist ein Naturtalent, das ganz unbewusst seine naturgegebenen Führungsqualitäten hervorzaubern kann. Doch Hand aufs Herz: Davon sind mir in meiner Karriere noch nicht so viele über den Weg gelaufen.

Das oben beschriebene Phänomen ist in der Fachliteratur auch als ‹Peter-Prinzip› bekannt. Seinen Namen hat es dem Erziehungs- und Sozialberater Dr. Laurence J. Peter aus Vancouver zu verdanken. Er stellte bereits 1969 folgende These auf: «In einer Hierarchie neigt jeder Beschäftigte dazu, bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen.»

Doch wie kommt es dazu? Wieso werden immer wieder Mitarbeitende in Positionen befördert, die sie nicht entsprechend ausfüllen können und die sie letztlich überfordern?

Gründe für das Peter-Prinzip: Wie kommt es zur Überforderung von Führungskräften?

Dafür gibt es verschiedene Gründe. Eins aber vorneweg: Am Peter-Prinzip sind immer mindestens zwei Seiten beteiligt – Mitarbeitende, die befördert werden wollen und ein Mensch, der unkritisch befördert, ohne vorher zu prüfen, ob die Besetzung wirklich eine gute Wahl ist. Dabei müssen Mitarbeitende, die befördert werden, nicht zwingend schon Führungsqualitäten mitbringen. Aber sie sollten das Potenzial dazu haben, sich diese anzueignen und dabei unterstützt werden.

Folgende Gründe für das Peter-Prinzip begegnen mir in der Praxis immer wieder:

Vorgeschichte
Die beförderten Mitarbeitenden machen bis anhin einen exzellenten Job und bringen viel Fachwissen und Kenntnisse über interne Abläufe mit.

Mangelnde Selbstreflexion
Die beförderten Mitarbeitenden sind zwar ehrgeizig und zielorientiert, kennen aber ihre eigenen Stärken und Grenzen zu wenig, oder wollen sich diese nicht eingestehen, geschweige denn um Hilfe bitten.

Rollenwechsel
Den beförderten Mitarbeitenden gelingt der Rollenwechsel von Mitarbeitenden zu Vorgesetzten nicht oder nur schlecht.

Mangelhafte Konfliktkultur und Angst vor Kündigung
Das Unternehmen hat zwar Zweifel an der Führungsqualität der zu befördernden Mitarbeitenden, traut sich aber nicht, ihnen die Beförderung zu verweigern, aus Angst sie zu verlieren und damit die Gefahr von Umsatzeinbussen in Kauf nehmen zu müssen.

Fehlendes Führungsverständnis im Unternehmen
Sowohl Mitarbeitende als auch ihre Vorgesetzten unterschätzen die Erwartungen der Kolleg:innen und anderer Beteiligter an ihre Führungskraft, sowohl in zeitlicher als auch in fachlicher und persönlicher Hinsicht. Führungsgrundsätze sind im Unternehmen nicht festgelegt oder nicht bekannt. Es fehlt den Führungskräften an Richtlinien, an denen sie sich orientieren können.

Mangelnde bzw. fehlende Weiterbildung und Begleitung
Jungen Führungskräften wird nur selten eine entsprechende Weiterbildung im Bereich der Personalführung angeboten. Sie werden ins kalte Wasser geworfen und müssen allein klarkommen.

Fallen Ihnen noch weitere Gründe ein? Schreiben Sie uns, wir tauschen uns gerne mit Ihnen aus!

Tipps zur Vermeidung des Peter-Prinzips: Welche Qualifikationen brauchen Führungskräfte?

Welches auch immer die Gründe für die Überforderung der Führungskräfte sind, klar ist, dass ein Unternehmen gut daran tut, Beförderungen nicht ungeprüft, sondern mit Bedacht auszusprechen. Eine klare Vorstellung davon, welche Qualifikationen ausserhalb des vorhandenen Fachwissens gefragt sind, ist unabdingbar.

  • Prüfen Sie kritisch – sowohl als zukünftige Führungskraft als auch als Vorgesetzte:r – ob Aufgaben, Kompetenz und Verantwortung sich entsprechen – auf beiden Seiten. Wenn Sie Unternehmen bzw. Mitarbeitende:n schon lange kennen, kann externe Unterstützung dabei sehr hilfreich sein.
  • Beziehen Sie das Team in Ihre Entscheidung mit ein.
  • Bleiben Sie, vor allem zu Beginn, in engem Kontakt mit der beförderten Führungskraft, und geben Sie ihr regelmässig konstruktives und ehrliches Feedback.
  • Unterstützen und begleiten Sie junge Führungskräfte mit Weiterbildungen und Coachings, intern sowie extern.
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