Homeoffice über die Grenze hinaus

Homeoffice von Grenzgänger:innen – Wir erläutern die Folgen für Sozialversicherungen und Steuern.

Folgen für Sozialversicherungen und Steuern bei Homeoffice von Grenzgänger:innen

Homeoffice, Hybrid Working, New Work – seit zwei Jahren in aller Munde. Die Digitalisierung nimmt rasant Fahrt auf, Arbeitnehmer:innen überzeugen – trotz vieler Vorbehalte im Vorfeld – auch im heimischen Büro ihre Arbeitgeber:innen durch viel Engagement und mit hochwertigen Arbeitsergebnissen. Und das auch über die Ländergrenze Deutschland–Schweiz hinweg. Doch was muss aus rechtlicher Sicht im Falle von Homeoffice bei Grenzgänger:innen dringend beachtet werden? Ein Überblick.

Vertragliche Fixierung

Wir empfehlen, alle Regeln fürs Homeoffice vertraglich festzulegen. Enthalten sollten hier zwingend sein:

  • Regelung zur Kostenübernahme eines privaten Internetzugangs
  • Erfassung von Arbeitszeiten
  • Handhabung von Über- und Minderzeiten
  • Erreichbarkeit

Fokus Steuer und Sozialversicherung

Informieren Sie sich rechtzeitig über Stolperfallen in steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht bei Grenzgänger:innen-Homeoffice.

Sozialversicherungen bei Grenzgängern: In welchem Land versichern?

Bei Homeoffice in einem EU/EFTA-Staat gilt eine ziemlich einfache Regel: Arbeitet Mitarbeitende zu 25% oder mehr im Wohnsitzstaat, sind sie grundsätzlich dort zu versichern, egal wo das Unternehmen ansässig ist.

Ein Beispiel: Arbeiten Mitarbeiter:innen, mit einem Pensum von 100%, durchschnittlich drei Tage die Woche am Unternehmenssitz in der Schweiz und zwei Tage bei sich zu Hause in Deutschland, müssen für diese Mitarbeitenden im Wohnsitzstaat Deutschland Sozialversicherungen abgerechnet werden.

Dies bedeutet nicht nur einen erhöhten administrativen Aufwand, sondern auch höhere Kosten. Dies gilt analog für sämtliche EU-/EFTA-Staaten: Arbeiten die Mitarbeitenden von dort aus, besteht für schweizerische Arbeitgeber die Gefahr, dort Sozialversicherungen abrechnen zu müssen.

Corona-Regelungen mit komfortablerer Abrechnung nur noch bis 30. Juni 2022

Während der staatlich ausgesprochenen Homeoffice-Pflicht infolge der Corona-Pandemie wurde diese Regelung vorübergehend ausser Kraft gesetzt. Trotz wesentlicher Tätigkeit (25% und mehr) in ihrem Wohnsitzstaat bleiben die Grenzgänger:innen für Sozialversicherungen dem schweizerischen System unterstellt und werden in der Schweiz abgerechnet. Diese Übergangsregel gilt allerdings nur noch bis zum 30. Juni 2022. Wir empfehlen also, hier rechtzeitig die Einsatz- oder Arbeitspläne zu kontrollieren. Insbesondere, wenn Sie Grenzgänger:innen beschäftigen.

Wenn Sie als Arbeitgeber:in Ihren Mitarbeiter:innen weiterhin Homeoffice ermöglichen möchten, ist es sehr empfehlenswert, die Regeln hierfür jetzt festzulegen. Auch mit Staaten ausserhalb der EU/EFTA ist dieser Umstand im Auge zu behalten.

Steuern bei Grenzgänger:innen: Quellensteuern als Dreh- und Angelpunkt

Auch steuerlich gibt es für Grenzgänger:innen-Homeoffice wichtige Grundregeln: Wer im Ausland wohnt, aber physisch für schweizerische Unternehmen in der Schweiz arbeitet, ist in der Schweiz quellensteuerpflichtig. Ob auch im Heimatstaat Steuern anfallen, ist grundsätzlich nicht Sorge der schweizerischen Arbeitgeber:innen. Ausnahmen bestehen bei Grenzgänger:innen.

Arbeiten im Ausland ansässige Mitarbeitende nicht mehr bzw. nur noch in beschränktem Umfang physisch in der Schweiz, verschiebt sich das Besteuerungsrecht Richtung Wohnstaat. Grundsätzlich hat die Schweiz nur auf die physisch in der Schweiz geleisteten Arbeitstage ein Besteuerungsrecht. Das kann für die ausländischen Mitarbeitenden zu einer Mehrbelastung führen. Zudem gibt es Staaten, die vorsehen, dass ausländische Arbeitgeber:innen Steuern für die in diesem Staat ansässigen und steuerpflichtigen Mitarbeitenden abführt. Das kann für Sie als Arbeitgeber:in in der Schweiz bedeuten, dass Sie anhand eines Homeoffice-Kalenders gleichzeitig in der Schweiz und im Ausland Steuern abrechnen müssen. Möglich ist auch, dass der Wohnsitz der Grenzgänger:innen als Betriebsstätte betrachtet wird Arbeitgeber:innen somit auch dort Unternehmenssteuern entrichten müssten. Deshalb ist steuerlich Vorsicht geboten, wenn Sie Ihre grenzüberschreitende Belegschaft im Homeoffice arbeiten lassen. Diese und viele weitere Punkte wie zum Beispiel der Unfallschutz bergen Risiken für Sie als Arbeitgeber:in.

Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter, welcher als Grenzgänger im Homeoffice arbeitet verunfallt so schwer, dass er auf IV-Leistungen angewiesen ist. Stellt die Invalidenversicherung nun fest, dass der Mitarbeiter hauptsächlich im Ausland tätig war, kann sie die Leistungen verweigern, weil er dadurch nicht dem schweizerischen Sozialversicherungssystem unterstellt ist. Gleichzeitig wird die Sozialversicherung im Wohnstaat des Mitarbeiters einen bereits verunfallten Arbeitnehmer nicht ohne Weiteres rückwirkend versichern. Im schlimmsten Fall müssen Arbeitgeber:innen hohe Leistungen an den Mitarbeiter selbst finanzieren, weil sie diese im Arbeitsvertrag zugesichert haben.

Wichtige Regelungen für Grenzgänger-Homeoffice auf einen Blick

Neben Steuern und Versicherungen müssen noch weitere Aspekte für Grenzgänger:innen beachtet werden. Folgende Übersicht des Unternehmensdienstleisters WEKA (www.weka.ch) zeigt einige Punkte auf:

Das korrekte Abführen der Abgaben im richtigen Staat ist sicherzustellen. Zusätzlich zu beachten ist weiter das Betriebsstättenrisiko, d. h., dass das Unternehmen im Ausland gewinnsteuerpflichtig werden könnte.

Sind Mitarbeitende überwiegend oder fast ausschliesslich im Homeoffice in ihrem Wohnsitzstaat tätig, ist typischerweise dortiges Arbeitsrecht zu beachten. Es wird auch ein Gerichtsstand am üblichen Arbeitsort der Mitarbeitenden bestehen.

Besteht ein GAV oder gar ein allgemeinverbindlicher GAV, ist zu prüfen, ob alle Erfordernisse erfüllt werden können, wenn Mitarbeitende überwiegend im Homeoffice im Ausland arbeiten. Gerade die Krankentaggeldversicherung kann zum Stolperstein werden.

Generell sind die Themen Zeiterfassung und Über-/​Unterzeiten im Homeoffice im Auge zu behalten. Bei grösseren Distanzen kann der Aspekt der Zeitverschiebung erschwerend dazukommen.

Ein eminent wichtiges Thema: Greifen Mitarbeitende im Ausland auf Firmen- und Kundendaten zu, ist dem Thema Datenschutz besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Auch IT-seitig ist es wichtig, sich über Heimnetzwerke oder private (WLAN-)Drucker Gedanken zu machen. Hier sind typischerweise Schwachstellen auszumachen, welche auch Hacker:innen für Angriffe nutzen können.

Versicherungen wie Berufsunfall, Nichtberufsunfall, Krankentaggeld und weitere müssen auch unter dem Aspekt Homeoffice (im Ausland) durchleuchtet werden. Allenfalls sind Anpassungen notwendig. Noch schwieriger wird es, wenn die Mitarbeitenden im ausländischen Homeoffice nicht mehr im schweizerischen Sozialversicherungssystem sind: dann können weitere Versicherungen folgen. Auch die Krankenkasse darf hierbei nicht ausser Acht gelassen werden.

Es empfiehlt sich, klare Regeln zu erstellen, wer, wo, in welchem Umfang (nicht) im Homeoffice tätig werden darf. In einem solchen Reglement können u. a. die hier aufgelisteten Punkte geregelt werden.

Es gibt in verschiedenen Themenbereichen Unterschiede, ob die Tätigkeit im Homeoffice angeordnet ist oder ob diese auf eigenen Wunsch erfolgt. Die entsprechenden Regeln sind festzuhalten.

Ob und in welchem Umfang Mitarbeitende im Homeoffice hierfür zusätzlich entschädigt werden (müssen) und ob die Entschädigung als steuerbares Einkommen oder Spesenersatz gilt, ist schon im schweizerischen Homeoffice schwierig abzugrenzen. Eine Erwähnung in einem Spesenreglement für Homeoffice oder auch im Falle einer Freistellung ist empfehlenswert. Bei Mitarbeitenden im Homeoffice im Ausland sind zudem dortige Regeln zu beachten.

Sind Sie unsicher, ob Sie Ihre Grenzgänger:innen bei Sozialversicherungen und Steuern richtig abrechnen? Kontaktieren Sie uns, wir unterstützen Sie gerne!